Die Schweizer Wirtschaftsuniversität “IMD” stellt jedes Jahr ein Ranking auf, um die Attraktivität einzelner Länder vergleichen zu können. Das Ergebnis von 2013: Österreich verliert an Attraktivität und belegt nur noch den 23 Platz.
Welche Kriterien fließen ins Ranking mit ein?
Die Investitionstätigkeit ausländische Unternehmen ist für die Wirtschaftskraft eines jeden Landes ein entscheidender Faktor. Wie interessant ein Land als Wirtschaftsstandort ist, hängt von vielen Faktoren ab. Steuern, Forschung, soziales Klima – diese und viele weitere Aspekte spielen eine große Rolle, wenn sich Unternehmen in einem Land niederlassen möchten.
- Gibt es gut ausgebildete Fachkräfte im Land?
- Wie sieht es mit der Leistungsbereitschaft in der Bevölkerung aus?
- Wie hoch sind Lebensqualität und Kaufkraft?
- Wie gut ist die Infrastruktur?
- Wie hoch ist die Steuerbelastung?
Für das Ranking werden die Antworten auf 300 Fragen ausgewertet – die jeweiligen Ergebnisse zeigen den Ländern schlussendlich ihren Platz in der Welt auf. Österreich liegt heuer nur noch auf Platz 23 von 60. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren lagen wir auf Platz 21, 2007 sogar auf Platz 11. Die grundlegende Frage lautet daher: Was hat sich in der Zwischenzeit verändert? Verliert der Wirtschaftsstandort Österreich langsam den Boden unter den Füßen?
Vor- und Nachteile für Unternehmen
Einzelne Punkte sprechen nach wie vor für Österreich: In den Bereichen Umwelt und soziale Sicherheit belegen wir sogar nach wie vor einen Spitzenplatz – und das weltweit. Auch das Bildungswesen punktet im internationalen Vergleich, kaum ein Land hat so viele bestens ausgebildete Fachkräfte vorzuweisen. Ein wichtiger Faktor ist auch die vergleichsweise niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Ebenfalls positiv wirkt sich die zentrale Lage unseres Landes in der Mitte von Europa aus.
Auf der negativen Seite finden sich jedoch ebenfalls Punkte, die gegen eine Niederlassung internationaler Firmen sprechen. Da wären zum Beispiel die überbordende Bürokratie und die hohe Steuer- und Abgabenquote. Vor allem die hohen Lohnnebenkosten wirken in unserer vernetzten Welt zunehmend abschreckend. In Kombination mit den ebenfalls hohen Lebenshaltungskosten verringern sie auch die Kaufkraft der Bevölkerung – und mindern so die Attraktivität zusätzlich. In der Tat ist Österreich im Bereich “Fiskalpolitik” nur an vorletzter Stelle gereiht, was nicht zuletzt auf den fehlenden Reformwillen der Politik zurückzuführen ist. Ebenfalls abschreckend ist die relativ kurze Arbeitszeit der Menschen: In kaum einem anderen Land ist das Pensionsantrittsalter so niedrig wie bei uns.
Wie wirkt sich das Ranking auf die Menschen aus?
Derzeit muss die Bevölkerung nicht mit spürbaren Folgen rechnen. Internationale Unternehmen schätzen (noch) die positiven Aspekte Österreichs und nehmen dafür die negativen Punkte in Kauf. Vor allem die soziale Ruhe zieht nach wie vor Konzerne ins Land. Durch die gute medizinische Versorgung, die intakte Umwelt und die niedrige Streikrate sind hierzulande auch große Investitionen gut angelegt. Kurzfristig sind also keine wirtschaftlichen Nachteile zu erwarten.
Der schleichende Abstieg
Der große Crash blieb bisher aus – Österreich verliert seine Anziehungskraft still und leise. Genau das könnte jedoch langfristig zum Problem werden. Auf einen “großen” Absturz müsste die Politik nämlich viel schneller reagieren. So bleibt nur zu hoffen, dass die nächste Bundesregierung längst fällige Reformen – wie zum Beispiel eine Senkung des Eingangssteuersatzes – rasch umsetzt. Denn über kurz oder lang würden sich weitere Verschlechterungen auch negativ auf die Bevölkerung auswirken. Und aus dem darauf folgenden Teufelskreis könnten wir uns nur mit radikalen Veränderungen befreien.